„Nehmen Sie Populisten beim
Wort“
Jan Ludwig im Caritas-
Mehrgenerationenhaus mit
vielen interessierten Zuhörern
2.12.2019 | Oberbürgermeister Wolfgang
Treis ließ es sich nicht nehmen, mit dem
Journalisten und Buchautoren Jan Ludwig
einen bekannten Mayener im überfüllten
Café CaTI des Caritas-
Mehrgenerationenhauses St. Matthias zu
begrüßen, der, in der DDR geboren und in
Mayen aufgewachsen, heute als Redakteur
bei der dpa arbeitet.
Auf dem Foto (von links): Oberbürgermeister Wolfgang
Treis, Referent Jan Ludwig, MGH-Koordinator Emad Girgis,
Filialleiterin Anne Keuser von der Buchhandlung Reuffel in
Mayen, Fachdienstleiter Markus Göpfert vom Caritas-
Fachdienst Migration warben für mehr Fairness in der
Politik. | Foto: E.T. Müller
Jan Ludwig stellte sein Buch vor und sprach
über Populismus, der in allen Parteien
vorkommen kann: „Populisten sind gerne
laut, schüren Angst, Wut und Hass und
bieten einfache Lösungen an. Sie verachten
und bedrohen andere.“ Anhand von
Einspielungen zeigte der Journalist den
rhetorischen Baukasten populistischer
Redner. Jan Ludwig: „Sie reden in der Regel
laut, und wenn sie nicht laut sind, dann
haben sie eine harte Sprache.“
Ist von „Gesinnungsterrorismus“ die Rede,
wird das positive Wort „Gesinnung“ mit dem
negativen Wort „Terrorismus“ verschraubt.
Wird eine linke oder rechte Position als
„versifft“ bezeichnet, meint dies
„verschmutzt“, „verdreckt“. Populismus
funktioniert in allen Lagern und in allen
Ländern nach dem gleichen Muster.
Populisten urteilen, verurteilen pauschal. Jan
Ludwig: „Populismus neigt dazu, lauter zu
werden, weshalb er sich oft selber überholt
und an die Grenzen kommt. Populismus
zieht alle demokratischen Teile der
Gesellschaft in den Dreck. Wenn man ständig
Misstrauen sät, bleibt von Vertrauen nichts
mehr übrig.“ Populismus in der Demokratie
ende immer antidemokratisch, führte der
Referent aus, und ergänzte: „Populismus hat
keine Farbe, sondern kann links oder rechts
sein.“ Dann stellte er die Frage, aus welchen
Gründen Menschen Populisten wählen.
„Populisten haben mehr Angst vor der
Zukunft. Tiervergleiche, Nazivergleiche, wenn
sie nicht passend sind, bringen nichts. Alles,
was die Sprache aufheizt, geht nicht.“
Vielmehr gelte es, selbst auf dem Boden der
Demokratie stehend, „Populisten machen zu
lassen. Sie laufen immer wieder ins Leere.
Man muss sich seinen eigenen Standort
bewahren, nicht auf die Provokation
eingehen und dann noch ruhig bleiben.“
Auch wenn „immer mehr Vertrauen fehlt“,
wie Oberbürgermeister Treis in der
anschließenden Diskussion beklagte, war an
diesem Abend doch die Stärke der
Demokratie spürbar. Denn, so Jan Ludwig,
gibt es „kein System, das so perfekt auf
soziale Probleme eingeht.“
Es braucht mehr solcher Veranstaltungen mit
Referenten wie Jan Ludwig, die genau
hinschauen und das Gespräch nicht scheuen.
Ein spannender Abend gegen Populismus
und für mehr Demokratie, zu dem das
Caritas-Mehrgenerationenhaus St. Matthias
in Kooperation mit dem Caritas-Fachdienst
Migration und der Buchhandlung Reuffel
eingeladen hatte.