Das Erlebte muss aufgearbeitet
werden
Caritas an der Ahr sieht
vermehrten Gesprächsbedarf an
psychosozialer Unterstützung
20.10.2021 | Eigentlich arbeitet Dipl.-Sozial-
arbeiterin Silvia Plum in der Gewaltprävention und
Gewaltintervention. Seit den Ereignissen im
Sommer jedoch ist die Caritas-Mitarbeitern der
Psychosozialen Beratungs- und Behandlungsstelle
(PSBB) zusätzlich als Fluthilfekoordinatorin beim
Caritasverband Rhein-Mosel-Ahr e.V. unterwegs.
Foto: E.T. Müller
An der Ahr geht es voran, das ist die gute Nach-
richt. Mit jeder Änderung verändert sich die Tätig-
keit der Caritas-Mitarbeiterinnen, die in allen Orten
von Sinzig bis Adenau unterwegs sind und auch an
verschiedenen Infopoints mit den Menschen ins
Gespräch kommen. Überall haben die Menschen
Bedarf über das Erlebte zu sprechen. Manche
können nicht mehr gut schlafen oder verstörende,
belastende Bilder tauchen immer wieder auf.
Magen-Darm-Beschwerden, Herzklopfen oder
körperliche Spannungsgefühle können die Folge
sein. „Das Erlebte muss aufgearbeitet werden. Die
Menschen brauchen professionelle psychosoziale
Unterstützung, die wir geben können“, betont
Silvia Plum und ergänzt: „Es kann bereits helfen,
den Menschen zu erklären, dass das ganz normal
ist. Das Erlebte muss psychisch verarbeitet und
eingeordnet werden.“ Um die Ereignisse verar-
beiten zu können, gibt es verschiedene Strategien.
Da kann bereits Sport helfen, vor allem aber sind
es Gespräche mit vertrauten Personen. Silvia
Plum: „Wir schauen dann gemeinsam auf die
persönlichen Ressourcen, also auch auf das
individuelle Umfeld und helfen den Menschen
‚entwicklungsorientiert‘ weiterzukommen, wie das
in der Fachsprache heißt, also den Menschen mit
all seinen Kompetenzen und Fähigkeiten in den
Mittelpunkt zu stellen. Belastet sind nicht nur
Ahrtaler, sondern auch Helferinnen und Helfer.“
Wichtig ist, miteinander Zeit zu verbringen und
zuzuhören. „Familienangehörige sind da gute
Gesprächspartner, die darauf achten sollten, Ärger
und Stimmungsschwankungen nicht persönlich zu
nehmen. Lassen Sie als Angehörige erzählen,
löchern Sie niemanden mit ihren Fragen und
akzeptieren Sie gegebenenfalls auch ein ‚Nein‘“, rät
Silvia Plum den Menschen im Umfeld von stark
belasteten Personen. Bei einem Großteil der
Betroffenen würden Belastungen innerhalb von
Tagen und Wochen wie von selbst verschwinden,
macht Silvia Plum Mut. Anderseits kann es sein,
dass Symptome bestehen bleiben und sich sogar
verschlimmern. „Wegen dieser sogenannten
‚Traumafolgestörungen‘ bleiben wir mit den
Betroffenen in Kontakt. Es geht darum, dem
Menschen Orientierung zu vermitteln und ihm
Planungs- Entscheidungs- und Bewältigungshilfen
an die Hand zu geben. Diese Hilfen sind
individuell. Unsere Beraterinnen nutzen die
persönlichen und sozialen Bewältigungs-
ressourcen, die bei jedem einzelnen sehr
unterschiedlich sind.“ Dank ihrer therapeutischen
Ausbildung und langjährigen Erfahrungen steht
den Caritas-Mitarbeiterinnen ein breites
Repertoire an Interventionen zur Verfügung.
Wer das Gespräch sucht, kann sich telefonisch mit
der Caritas in Ahrweiler in Verbindung setzen:
02641 – 75 98 60