Jugendmigrationsdienst jmd
beklagt Benachteiligung junger
Migrantinnen und Migranten
22.10.2021 | Menschen mit Migrationshintergrund
hatten schon vor der Corona-Krise einen
erschwerten Zugang zum Bildungssystem in
Deutschland. In vielen Fällen verweigerte das
Herkunftsland die Zustellung von Dokumenten
oder Zeugnisse gingen bei der Flucht verloren oder
der im Herkunftsland erworbene Abschluss wurde
in Deutschland nicht anerkannt. Auch verweigern
Schulen volljährigen Schülerinnen und Schülern oft
die Aufnahme, liegt kein Abschluss der Berufsreife
vor oder wenn es an Deutschkenntnissen fehlt.
Erschwerend wurde die Corona-Zeit auch für die
Beteiligten, als Angebote der Integrations-
sprachkursträger und andere Bildungs-
einrichtungen während des harten Lockdowns
nicht stattfinden konnten.
Zu den Armutswochen zwischen dem 17. Oktober
und dem 14. November 2021, dem Welttag der
Armen, weist der Caritas-Jugendmigrationsdienst
(jmd) in Mayen und Ahrweiler auf die Situation
junger Migrantinnen und Migranten nach der
Pandemie hin. „Unsere Klientinnen und Klienten,
die einen Sprachkurs vor dem Lockdown besucht
haben, mussten viele Monate warten. Ohne die
Möglichkeit einen Sprachkurs zu besuchen und
einen zertifizierten Abschluss zu erlangen rücken
alle anderen Bildungs- und Berufsperspektiven in
die Ferne“, beschreibt Ania Sikkes vom Jugend-
migrationsdienst, Caritasverband Rhein-Mosel-Ahr
e.V., die für viele aussichtlose Lage. Auch der nach
dem Sprachkurs geplante Schulbesuch zur
Erlangung eines Schulabschlusses bleibt verwehrt,
sind junge Geflüchtete während des Corona-
bedingten Stillstands volljährig geworden. Die
Möglichkeit für eine Ausbildung musste weiter
nach hinten vertagt werden. Der Übergang in den
Beruf verzögert sich, was natürlich mit der
Notwendigkeit des Leistungsbezuges einhergeht.
Diejenigen, die auf einen Platz im Jugend-
integrationskurs vor der Pandemie gewartet
haben, müssen sich teilweise bis zu zwei Jahren
gedulden, da neue Sprachkurse erst nach der
Beendigung der pausierten Kurse starten können.
Für nicht mehr schulpflichtige Jugendliche und
junge Erwachsene sind zwei Jahre eine lange Zeit.
So lange sind sie „geparkt“ und haben keine
Möglichkeit, etwas Anderes anzufangen. „Ohne
Sprache – kein Praktikum, keine Arbeit, keine
Ausbildung, kein Studium. zwei verlorene Jahre“,
verdeutlicht Ania Sikkes die Situation: „Ich brauche
nicht zu betonen, wie es den jungen Menschen
psychisch geht. Viele verlieren jegliche Motivation,
haben Zukunftsängste. Eine Mehrzahl der
zugewanderten Menschen ist sozial noch nicht gut
eingebettet, oft ohne Familie und wenig Kontakte.
Eine schwache soziale Infrastruktur kann den
psychischen Belastungen kaum ausreichend
entgegenwirken.“
Hinzu kommen in vielen Fällen psychische
Belastungen, Folgen der während der Flucht und
in Kriegsgebieten gemachten Erfahrungen. Ein
unsicherer Aufenthaltsstatus in Deutschland
kommt zu den Pandemiezeit-Belastungen noch
hinzu. Doch gerade diese junge Menschen finden
nur schwer Zugang zur psychotherapeutischen
Versorgung. Auch mangelt es an psycho-
therapeutischen Behandlungsmöglichkeiten, die
Geduldeten ohne Mitgliedschaft in einer Kranken-
versicherung nur selten gewährt werden. „Ein
weiteres Ausschlusskriterium sind fehlende
Deutschkenntnisse. Auch ist die Therapie mit
Dolmetschern nicht sehr verbreitet. Dann sind die
Dolmetscherkosten eine weitere Hürde.“
Überall müsse mehr für junge Migrantinnen und
Migranten getan werden, fordert die Caritas-
Mitarbeiterin. „Doch hierfür braucht es die
Zustimmung der Bevölkerung und die Tatkraft der
Politik“, weiß Ania Sikkes: „Die Armutswoche gibt
uns Gelegenheit, den Finger in die Wunde zu
legen.“